Karin Pliem & Aline Sofie Rainer
7. Oktober – 17. November 2021
Zwei Künstlerinnen, zwei Generationen: die eine – Aline Sofie Rainer (geb. 1991) – bezieht ihre Bildgedanken aus Film und Literatur, zeichnet, malt und formt Räume mit Öffnungen, um den Gedanken weitere Räume zu öffnen, auch den Gedanken der Menschen, die diese Räume behausen oder in ihnen gedanklich Platz eingenommen haben. Ihre Protagonist*innen, die dorthin oft aus Texten gelangen, die von der Künstlerin simultan zum Zeichenvorgang gelesen werden, interagieren mehr innerlich als äußerlich mit ihren räumlichen wie auch menschlichen Um- und Außenwelten – sie sind für sich, aber auch außer sich, bisweilen ein- und manchmal zweisam, dann und wann auch zu dritt in solchen Konstellationen.
Die andere – Karin Pliem (geb. 1963) – malt oder zeichnet keine Menschen und auch keine klar definierbaren Räume. Sie bezieht ihre Bildgedanken aus dem Zusammenwirken unterschiedlichster Schöpfungen der „wilden“ wie auch der menschlich manipulierten Natur. In ihren innerlich bewegungsintensiven Bildwelten interagieren reale und imaginierte Organismen, wachsen förmlich aus der Leinwand, finden transitorisch ihre Plätze in dem durch sie selbst entwickelten Bild-Raum. Dann und wann taucht ein Versatzstück aus menschlicher Hand auf, ein architektonisches Fragment, eine ozeanische Skulptur, ein mittelalterliches Flechtwerk-Ornament. Gemeinsam generieren sie ein jeweils in sich ausgewogenes Ganzes, mehr symbiotisch als einzelgängerisch getrieben.
Karin Pliem und Aline Sofie Rainer, die hier erstmals gemeinsam innerhalb eines Ausstellungsraums interagieren, geben auf je unterschiedliche Weise sowohl der äußeren Realität, den inneren Emotionen als auch dem Fiktiven ihre Stimmen, die sie schon während der Genesen ihrer Kunst interagieren ließen. Unterschiedlich sind nicht zuletzt die Medien, derer sie sich bedienen: Karin Pliem zeigt großformatige Ölmalerei auf Leinwand, kleinere Gouachen auf Papier sowie eine Installation aus Naturalien, die sich wie ein Baum der „world nature“ (arbor mundi II) bis zur Raumdecke erhebt. Aline Sofie Rainer ist mit mehreren Zeichenzyklen, Skulpturen aus geschweißtem und geschmiedetem Stahl, einem Text sowie sechs Textilmalereien vertreten, die mit der Raffinesse der traditionellen japanischen Roketsu-zome-Technik ausgeführt wurden.
Kuratiert von Lucas Gehrmann.