Kunstraum Nestroyhof

SILENT SOUND

Markus Hofer, Die Zauberflöte, 2019

Michael Kos, Requiem, 2016

Constantin Luser, Sounddusche, 2010

Clara Oppel, Schlechte Brille, 2006

Georg Nussbaumer, Arienwölfe, 2002

Christoph Theiler, Talking Transmitters, 2010

Jerca Rožnik Novak & Andraž Mazi, INNER DRUM, 2022

 

Eröffnung: Mittwoch, 5. Oktober 2022, um 19 Uhr

Dauer der Ausstellung: 6. Oktober – 9. Dezember 2022

 

>> Fotos der Eröffnung

Instrumente oder technische Klangkörper dienen zunächst der akustischen Wahrnehmung, haben jedoch darüber hinaus oft hohes ästhetisch-skulpturales Potential, das in dieser Ausstellung von den Künstler*innen in unterschiedlichster Weise realisiert wird. Die Zauberflöte und der Klangkörper von Markus Hofer, das Requiem von Michael Kos und die Sounddusche von Constantin Luser bringen traditionelle Musikinstrumente wie Flöte, Kontrabass und Posaune in ungewohnte Zusammenhänge, während die Arienwölfe von Georg Nussbaumer, die Schlechte Brille und Zwischen den Stühlen von Clara Oppel und die Talking Transmitters von Christoph Theiler technische Konstruktionen zur künstlerischen Grundlage haben.

Michael Kos symbolisiert mit seiner Installation Requiem die Beziehung zwischen Musik und Tod bzw. auch zwischen Leben und Tod. Die Arbeit besteht aus einem aufgeschnittenen Kontrabass auf Rädern, der wie ein Mutterschoß das Leben verkörpert, jedoch verbunden ist mit den unverrückbaren Schienen, die abrupt enden und so für den Tod stehen. Der Kontrabass ist mit tierischen Schulterblattknochen gefüllt, in die die f-Form, wie sie für Schalllöcher bei Streichinstrumenten obligatorisch ist, mittels Laser eingraviert wurde – womit die Verbindung zur Musik bekräftigt wird. Man ist versucht, eine Assoziation zu Konzentrationslagern herzustellen, aber das ist seitens des Künstlers nicht intendiert, es geht ihm nicht (nur) um den tragisch-gewaltsamen Tod, sondern um die einzige Gewissheit, die wir haben, nämlich dass jedes Leben in den Tod mündet.

Die Sounddusche von Constantin Luser ist ein Instrument, das es offiziell nicht gibt und in keinem Musiklexikon zu finden wäre – es ist keine Posaune, keine Trompete und auch keine Fanfare, aber zweifellos ein Blasinstrument, mit dem man durchaus Töne erzeugen kann. Im Gegensatz allerdings zur eigentlichen Bestimmung eines Musikinstruments, nämlich Töne an ein Publikum zu richten, wird man hier als Musiker*in vom selbst erzeugten Klang „geduscht“.
Die grafische Struktur des Musikinstruments wird vom Zeichner Constantin Luser in Form einer Wandzeichnung erweitert.
Die Sounddusche kann von Besucher*innen ausprobiert werden.

Die zwei Arbeiten von Markus Hofer zeigen eine mehr ironische Sichtweise auf Musikinstrumente. Die Zauberflöte bringt keine lieblichen Töne hervor, sondern produziert bloß einen Farbfleck, der das Instrument dann aber letztlich im Gleichgewicht bzw. in der Schwebe hält. Sein Klangkörper (im Obergeschoß), ein Cellokasten auf Füßen, macht sich ebenfalls selbständig und verbildlicht das Gefühl, das man beim Lernen eines Instruments oft empfindet – nämlich, dass die eigenen Ambitionen und die des Musikinstruments nicht immer übereinstimmen und Letzteres oft seinen eigenen Weg geht.

Zwischen den Stühlen von Clara Oppel ist neben der Sounddusche eine weitere interaktive Installation. Die Sitz- & Rutschbewegungen einer Person auf dem linken Sessel werden von einer Person auf dem rechten Sessel nicht nur gehört, sondern auch gespürt. Denn die akustischen Signale vom linken Sessel werden in Echtzeit auf den rechten übertragen, der wiederum durch ein spezielles Lautsprechersystem selber zum Lautsprecher wird und dessen Vibrationen spürbar sind.
Die andere Arbeit von Clara Oppel (im Obergeschoß) ist die Schlechte Brille – zwei kleine runde Lautsprecher, die die Künstlerin zu einer „Hörbrille“ montiert hat, geben nicht nur keinen Ton von sich, sondern würden beim Aufsetzen auch jegliche Sicht versperren. Ihr „Klangobjekt ohne Ton“, wie Oppel es nennt, ist ein Appell der Künstlerin, sich für all die unbeachteten Alltagstöne und -geräusche um uns herum zu sensibilisieren und sie nicht nur als Hörstrom vorbeifließen zu lassen.

Georg Nussbaumer ist nicht nur Objekt- und Installationskünstler, sondern auch Komponist und seine Objekte und Installationen tauchen oft in Opern auf, wenn es nicht nur um Singen und Hören, sondern auch um Lust und/oder Gewalt geht. Seine Arienwölfe produzieren, im Gegensatz zu einem Fleischwolf, der Fleisch zerkleinert, intakte Zungen, konkret sind es Abgüsse von echten Schweinszungen, die sich gegenseitig ansingen oder, wie der Künstler selbst sagt, anschreien – allerdings sind es bei den Arienwölfen stumme Schreie. In der Kurbel des Fleischwolfs kann man eine Parallele zu einer Drehorgel sehen, die aber wiederum hörbare Klänge erzeugt – womit sich der Kreis zur Musik schließt.

Die Talking Transmitters des Musikers und Komponisten Christoph Theiler, der sich u.a. auch mit experimenteller Radiokunst und Klanginstallationen beschäftigt, sind aus analogen UKW-Sendern bestehende sehr zarte Gebilde, die wie Skelette von kleinen Dinosauriern aussehen und die miteinander kommunizieren. Zwei Mini-UKW-Radios, die in diese Installation integriert sind, können die „Gespräche“ dieser Dinosaurier demodulieren und sie damit für das menschliche Ohr wahrnehmbar machen. Auch diese Arbeit ist gewissermaßen interaktiv, denn wenn man sich ihr nähert oder sich von ihr entfernt, beeinflusst das die Geräuschqualität. Mit dem Rückgang der analogen Technik wird die Hörbarmachung mittels analoger Radiogeräte für uns Menschen quasi unmöglich gemacht – aber dennoch werden die kleinen Dinosaurier, die Talking Transmitters, weiter miteinander kommunizieren.

Bei der Vernissage, der Finissage und an einigen Terminen während der Laufzeit der Ausstellung wird die Performance INNER DRUM von der Tänzerin Jerca Rožnik Novak und dem Musiker Andraž Mazi aufgeführt. Bei dieser werden stumme oder sehr leise Körpergeräusche in Bewegung und Klang übergeführt und sinnlich wahrnehmbar gemacht.
Kostüm: Tanja Pađan / KISS THE FUTURE

 

 


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