Rumble Fish
13. Juni – 3. Oktober 2019
Eröffnung: 12. Juni 2019, 19 Uhr
Im Juni 2019 wird der Kunstraum Nestroyhof vom Künstlerkollektiv Steinbrener/Dempf & Huber in ein riesiges, begehbares Diorama umfunktioniert, das den öffentlichen Raum (die Tempelgasse) mit dem Innenraum (dem Kunstraum) verbindet. Diese Intervention findet im Rahmen der Kunstraum-Schiene raumbezogen statt, bei der sich KünstlerInnen auf die architektonischen Gegebenheiten des Kunstraums einlassen und sich mit ihnen auseinandersetzen.
Bei Dioramen handelt es sich um bühnenartig gestaltete Schaukästen, die mittels optischer Täuschungen die Unterschiede und Übergänge zwischen dreidimensionalen Gebilden im Vordergrund und einem zweidimensionalen kulissenhaften Hintergrund verschleiern. Steinbrener/Dempf & Huber beschäftigen sich schon seit einiger Zeit mit dieser klassischen, traditionellen Präsentationsform naturwissenschaftlicher Museen.
Das begehbare Diorama Rumble Fish, bei dem die AusstellungsbesucherInnen zu AkteurInnen werden, sobald sie den Kunstraum Nestroyhof betreten, und zu ZuschauerInnen, wenn sie es von außen durch das Fenster betrachten, thematisiert chronologisch den je nach Epoche unterschiedlichen Blick der Menschen auf die Natur.
Der romantische Blick: Die in eine Meeresbodenlandschaft blickende Rückenfigur in diesem Diorama ist ein Zitat aus Caspar David Friedrichs Ölgemälde „Der Wanderer über dem Nebelmeer“, das seit seiner Entstehung 1818 vielfältige Interpretationen über das Verhältnis Mensch–Natur, aber auch über die politischen Umstände in Deutschland nach der Neuordnung durch den Wiener Kongress erfahren hat.
Der wissenschaftliche Blick: Das große Korallenobjekt stammt aus einem Buch des Naturforschers und Philosophen Ernst Haeckel, der Ende des 19. Jahrhunderts durch seine gezeichneten Vergrößerungen mikroskopisch kleiner Naturformen den Blick auf die Natur revolutionierte.
Der digitale Blick: Das 6 x 11 m große Hintergrund-Sujet ist die artifizielle Darstellung einer potentiellen zukünftigen Unterwasserlandschaft.
Über der ganzen Szene schwebt ironisch ein Barockengerl, als Metapher für den religiösen, nicht-wissenschaftlichen Blick auf die Schöpfung.
Im Obergeschoß des Kunstraumes werden darüber hinaus etliche kleinere Dioramen zu sehen sein, in denen sich das Künstlerkollektiv pointiert mit dem Tourismus, der Kommerzialisierung der Alpen sowie der zum Kitsch verkommenen Geschichte Österreichs beschäftigt.
Kuratiert wird die Ausstellung von Christine Janicek.
Steinbrener/Dempf & Huber
Im Künstlerkollektiv Steinbrener/Dempf & Huber arbeiten der Bildhauer Christoph Steinbrener, der Fotograf und Grafiker Rainer Dempf sowie der Architekt Martin Huber miteinander an installativen Kunstprojekten, die zum großen Teil im öffentlichen Raum angesiedelt sind und nicht zuletzt durch ihre unorthodoxe Platzierung immer wieder auf breite Aufmerksamkeit stoßen.
Der Kunstcharakter ihrer Interventionen ist oft nicht gleich zu erkennen und ihre Kunst profitiert von dem entsprechenden Überraschungsmoment.
Bereits 2005 – damals noch ohne Martin Huber, der erst 2007 zum Kollektiv dazustieß – erregten sie Aufsehen mit der Arbeit „Delete!“, bei der sie auf einer Strecke von 200 m der Neubaugasse sämtliche kommerzielle Zeichen mit gelben Materialien verdeckten. Auch die Installation „To Be in Limbo“, ein riesiger, im Raum zu schweben scheinender Felsbrocken 2015 in der Jesuitenkirche Wien, der bedrohliche Aspekte von Religion thematisierte, sowie die Intervention „Trouble in Paradise“ 2009 im Tiergarten Schönbrunn, die durch in Tiergehege eingebrachte zivilisatorische Fremdkörper (wie Eisenbahnschienen oder ein Autowrack) die idealisierte Naturdarstellung des Zoos in Frage stellte, erlangten große mediale Aufmerksamkeit. Gleiches gilt für das Projekt „Ticket to the Moon“, bei dem die Künstler 2007 am Linzer Hauptbahnhof und am Wiener Westbahnhof einen simulierten Infostand mit einem überdimensionalen Logo der NASA aufstellten, wodurch die Buchungsmöglichkeit einer Reise zum Mond suggeriert wurde.
Die Arbeiten von Steinbrener/Dempf & Huber dienen jedoch nie nur zur reinen Belustigung der BetrachterInnen, sondern verhandeln und visualisieren immer auch gesellschaftspolitisch relevante Sachverhalte.